[COLOGNE] PRO-JECT : NA HYUN

29 January - 3 April 2016

[ENGLISH]

 

"Babel Is Not Past"
- On the subjective historiography of Na Hyun's works

Na Hyun, who studied in Seoul and Oxford, often combines historical events from different cultures and countries in his works. Using drawing, film, interviews and various archival materials, he also refers to current social or ecological conflicts.

Between 2006 and 2009, his project "Missing" researched the disappearance of French soldiers during the Korean War, about which official authorities in France and South Korea provided insufficient and contradictory information for a long time. "A Song of Lorelei" (2010-13) combines the history of the course of the Rhine near Düsseldorf with the gigantic project to regulate four South Korean rivers.

Na Hyun has been working on his project "The Babel Tower" since 2012. It explores the extent to which Teufelsberg in Berlin and Nanjido in Seoul can be considered contemporary equivalents of the Tower of Babel. One is a green hill in the Grunewald district of Berlin, which was created from rubble after the Second World War and is still dominated by the white domes of a former US air surveillance and listening station.

 

The other was created in Seoul on an island in the Han River and grew into one of the world's largest mountains of waste between 1978 and 1993. Today, Nanjido has been renaturalized and turned into a park, but it still threatens to contaminate the surrounding waters.

The analogy between the two mountains and the legendary tower is presented in the form of a wooden drawer display with drawings and archive material. The artist is currently expanding it to include originally non-native plants that he found on Teufelsberg and interviews with foreigners living in Kreuzberg, Berlin.

Na Hyun's works find their themes where violence against people and nature occurs and plead for the diversity of different existences and points of view. Her partly scientific, partly fictional research and presentation methods are based on a concept of history that does not understand historical knowledge as irrefutable truth, but rather as constructed and interest-driven, thus opening up to alternative points of view.

 

-Karin Schulze

 

 

[DEUTSCH]

 

"Babel Is Not Past"

- Zu der subjektiven Geschichtsschreibung der Arbeiten von Na Hyun

 

Na Hyun, der in Seoul und in Oxford studierte, verbindet in seinen Arbeiten häufig historische Ereignisse unterschiedlicher Kulturen und Länder. Dabei verweist mit den Mitteln von Zeichnung, Film, Interviews und diversen Archivalien auch auf aktuelle soziale oder ökologische Konflikte.

 

Sein Projekt „Missing“ recherchierte zwischen 2006 und 2009 das Verschwinden von französischen Soldaten im Koreakrieg, zu dem offizielle Stellen in Frankreich wie in Südkorea lange Zeit nur unzureichende und widersprüchliche Angaben machten. „A Song of Lorelei“ (2010-13) verbindet die Geschichte des Rheinverlaufs bei Düsseldorf mit dem gigantischen Projekt der Regulierung von vier südkoreanischen Flüssen.


Seit 2012 treibt Na Hyun sein Projekt „The Babel Tower“ voran. Es malt aus, inwiefern der Teufelsberg in Berlin und der Nanjido in Seoul als zeitgenössische Entsprechungen des Turmbaus zu Babel gelten kann. Die eine Erhebung ist ein begrünter Berg im Stadtteil Grunewald, der nach dem Zweiten Weltkrieg durch Trümmerschutt entstand und heute noch von den weißen Kuppeln einer ehemaligen Flugüberwachungs- und Abhörstation der US-amerikanischen Streitkräfte überragt wird.

 

Die andere entstand in Seoul auf einer Insel im Fluss Han und wuchs zwischen 1978 und 1993 zu einem der weltweit größten Müllberge heran. Heute ist der Nanjido zwar renaturalisiert und in Parks verwandelt, noch immer aber droht er umliegende Gewässer zu kontaminieren.

 

Präsentiert wird die Analogsetzung der beiden Berge und des sagenhaften Turms unter anderem in Form eines hölzernen Schubladendisplays mit Zeichnungen und Archivalien. Derzeit erweitert es der Künstler um ursprünglich nicht heimische Pflanzen, die er am Teufelsberg gefunden hat und um Interviews mit in Kreuzberg, Berlin lebenden Ausländern.

 

Na Hyun’s Arbeiten finden ihre Themen dort, wo Gewalt gegen Mensch und Natur geschieht, und plädieren für die Vielfältigkeit von unterschiedlichen Existenzen und Sichtweisen. Ihre teils wissenschaftlichen, teils fiktiven Recherche- und Präsentationsverfahren beruhen auf einem Geschichtsbegriff, der historische Erkenntnisse nicht als unumstößliche Wahrheit begreift, sondern als konstruiert und interessengeleitet und sich so gegenüber alternativen Sichtweisen öffnet.

 

- Karin Schulze